Mein #herbstleuchtfeuer | Farbenpracht und Dunkelheit
Vergänglichkeit, keine andere Jahreszeit zeigt mir so deutlich wie der Herbst Veränglichkeit in allen Dingen und im Sein. Die bunte Blätterfärbung wechselt und verändert sich fast täglich, gefolgt vom Fallen der Blätter. Beinahe in Slowmotion können wir der Natur bei den Vorbereitungen auf den Winter zuschauen. Tag für Tag wird es dunkler. Auch das Licht verabschiedet sich und in der Dunkelheit wird so manches strahlend hell und klar. Die Dunkelheit mag für viele Menschen beängstigend sein, düster, bedrückend. Ich empfinde sie als Stille, Ruhe und die Erlaubnis vom Außen zur Besinnlichkeit im innen.
In meinem Beruf heute in der Praxis und im Unterricht und früher auf Station im Krankenhaus, vor allem auf der für Depressionen, war und bin ich mit innerer Dunkelheit konfrontiert. Unabhängig von der aktuellen Jahreszeit „draußen“. Vergänglichkeit, Trauer, Angst, Loslassen, oder vielmehr die Angst vom Loslassen und was dann folgt oder auch nicht, sind oft die Themen. Bei Angsterkrankungen sind die Dunkelheit der Nacht oder bereits die Abenddämmerung eine Herausforderung. In der Dunkelheit, in uns selbst, uns zurechtfinden, wenn es keine Ablenkungen des (All)tags, am Tag gibt, das ist die eigentliche Herausforderung. Angst vor Kontrollverlust. Stille aushalten. Mit sich sein. Und sich selbst aushalten. Das waren auch eine ganze Weile meine Themen und Ängste.
Dabei habe ich schon immer gern nachts gearbeitet – damals, im Krankenhaus. Ich habe es genossen, dass nachts das Telefon nicht oder zumindest sehr selten klingelte, keine Lieferungen ankamen, keine Aktivitäten, keine Therapien, keine Besuche, keine Hektik, kein Termindruck. Für einen erholsamen Schlaf der Patient:innen Sorge tragen. In der Nacht einfach da sein und nur aktiv werden (in Krisen), wenn nötig ist. Den natürlichen Rhythmus der Menschen „bewachen“, damit sie genesen können. Ja, Schlaf ist ein bedeutender Anteil in einem Heilungsprozess und wird nur allzu oft unterschätzt. Sowohl als erstes Warnzeichen – bevor eine Erkrankung sich den Weg bahnt, wie im Verlauf. Umso wertvoller ist die Arbeit in der Dunkelheit, nicht nur im Krankenhaus. Alle Berufe, die des Nachts aktiv sind, damit die Tage für die anderen wie gewohnt verlaufen können.
Für alles braucht es einen Ausgleich, Tag und Nacht, Aktivität und Regeneration. Alles im Leben hat seinen Rhytmus. Die Jahreszeiten sind einfach ein augenscheinlicher Reminder.
Ich liebe den Herbst, mit seinen Farben, seiner Vielfalt und ich liebe die Einladung auf den Rückzug, die Vorbereitungen auf die Dunkelheit. Ohne Dunkelheit, schätzen wir das Licht irgendwann nicht mehr. Es ist niemals nur strahlend hell und niemals nur dunkel. Warum also das eine oder andere fürchten oder gar aus dem Leben verdammen wollen?
Im Herbst habe ich mich einst verliebt, in einem anderen Herbst habe ich mich verloren und in noch einem anderen Herbst, habe ich mich wieder gefunden. Und diesem Herbst warte ich auf die Dunkelheit, die Stille und das endlich durchatmen können, ungestört, eingerahmt in Kerzenschein, umhüllt von Räucherwerk und wohltuenden Düften.
Schreibend über das Jahr 2023, immer noch auf den ersehnten Abschluss des Jahres hoffen, mein kleines #herbstleuchtfeuer brennt noch und wartet darauf, gelöscht zu werden, um am 21. Dezember zur Wintersonnenwende, nach einer Zeit des Ausruhens und Verarbeitens wieder neu erstrahlen zu können. Dazu muss das Licht erst verlöschen.
Mein Hauptthema des Jahres 2023, dass es „leider“ unter die Top 5 im #Jahresrückblog23 geschafft hat, glüht noch. Ich bin trotzdem unendlich dankbar, dass wir bis hier her bereits gekommen sind und nur noch ein allerletzter Schritt fehlt. Das große Endzeitszenario, dass ich mir bereits ausmalte, ist nicht eingetroffen. So wie die meisten Dinge, die wir in unseren Köpfen an worst-case Fällen bilden, niemals eintreffen.
Ich bin dankbar für diese äußerst herausfordernde Zeit der letzten 10, inzwischen 11 Monate seit Beginn. Wahre Gesichter traten zu Tage, verblüffende Begegnungen und Abschiede, die meisten unerwartet. Hat der Herbst offenbart, wer im Zweifel wirklich da ist und auf wen kein Verlass ist und scheinbar auch nicht war. Nicht mal Loyalität.
Ein Herbst der Erkenntnis und die Verabschiedung, das Loslassen von nur scheinbaren Freunden und Weggefährt:innen.
Samhain, das Jahreskreisfest steht genau für diese Zeitqualität des Verabschiedens, Auflösen und auf das neue langsam aber sicher vorbereiten. Die Verbindung mit den Ahn:innen, der Natur und uns selbst. Durch die Schleier, die sich lüften zur Anderswelt, beginnt eine besonders magische Zeit im Herbst. Dieses Wissen und die Möglichkeiten der Ahnenarbeit, auch in meiner ganzheitlichen Praxis bin ich heute mehr als dankbar.
#herbstleuchtfeuer eine Blogparade von Susanne Heinen – Dankbarkeit entdecken, ganz lieben Dank Susanne!
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